Die überragende Qualität des BSC Rathenow lässt sich am besten (und freundlichsten) mit dem Begriff beschreiben, der seine Berliner Namensvetterin Hertha lange Zeit begleitete: Rumpeltruppe. Fünf gelbe und drei gelb-rote Karten (zwei davon leider erst in der Nachspielzeit) sagen alles.
Nicht nur, dass sie die Fußballkultur in Grund und Boden getreten haben, auch die Gegenspieler – fast wortwörtlich: unsere Falken mussten harte Fouls einstecken: Stefan Romeis ging nach einem für Rathenower Verhältnisse durchschnittlich fiesem Foul zu Boden und wurde dann hart am Kopf getroffen, Leon Hipp lag mehr als einmal auf dem Rasen und wurde kurz vor Schluss noch mal so richtig in die Beine getreten, es war zum Göbeln. Jeder Spielzug wurde zerstört, in dem entweder ein Falke getroffen zu Boden sank oder ein Rathenower vom Luftzug eines Falkeschusses berührt sich fallen liess.
Leider hat der Schiedsrichter erst spät zu den (gelb-) roten Karten gegriffen. Hätte er das bereits in der ersten Halbzeit getan, wo er zwei Gelbverwarnten noch weitere zwei bis drei Verwarnungen mit auf den Weg gab, statt sie einfach vom Platz zu stellen, hätte es in der zweiten Halbzeit noch ein Fußballspiel werden können.
So musste der geneigte Fan sich mit den ersten zwanzig Minuten zufrieden geben, in denen die Falken vier bis fünf Torchancen liegen ließen, aber immerhin durchaus sehenswert gespielt wurde. In der zweiundzwanzigsten schossen die Rathenower knapp am Falke-Tor vorbei, und beschlossen darauf hin scheinbar, wenigstens den Mann zu treffen, wenn schon nicht das Tor. Dabei zeigten sie – wenn auch erst in Unterzahl, als sie sich weitere Fouls nicht mehr leisten konnten – durchaus Qualität, sie hätten also Fußball spielen können, wenn sie gewollt hätten.
Die Falken wollten, konnten aber nicht: Kaum war der Ball über die Mittellinie, wurde schon wieder abgepfiffen oder der ballführende Spieler umgehauen oder beides. Und wenn sie mal durchkamen, trafen sie nicht.
War es die Angst vor dem Gegner oder der pure Stress: Im Mittelfeld fand wenig statt, meist behalf man sich hüben wie drüben mit langen Bällen, die mal mehr, mal weniger zielsicher gespielt wurden, und schaute sich dann das Gemetzel im Strafraum an. Mit der Einwechslung von Oliver Zöllner und Tim Lucas Kant für André Olbert und Lukas Mier, die beide in der Schlacht wirkungslos blieben, wurde das Spiel wieder schneller und geringfügig geordneter, aber das Chaos triumphierte.
Selten genug konnten Leon Hipp oder Adrian Hiller den Ball spielerisch vor das gegnerische Tor bringen, selten genug lief der Ball mal über zwei und mehr Stationen. Und ohne Achter mit solider Torwartarbeit und drei beachtlichen Paraden hätten sich die Falken in dieser Partie mal schön selbst besiegt, weil sie ihre vorhandene Qualität nicht abrufen konnten.
Es war nicht schön, mal gar nicht!
Und dem BSC wünsche ich für die Saison mit Hildegard Knef: „Für Euch soll`s rote Karten regnen!“. Der Fußball wird es den Schiedsrichtern danken.
Bei allem Verständnis dafür, eine gelb-rote Karte gut zu überdenken, bevor man sie zieht, hätte Schiedsrichter Richard Breitkreuz sich selbst, den Fans und den Spielern einen Gefallen getan, wenn er frühzeitig durchgegriffen hätte. So wurden die Rathenower immer dreister und hatten wahrhaftig die Stirn, sich über den Schiedsrichter zu beschweren (der echt ein hartes Brot zu kauen hatte mit dieser Partie und trotzdem überwiegend richtig entschieden hatte, halt nur mit schädlicher Verzögerung). Nach dem er ein strafstoßwürdiges Foul nicht gesehen hatte (und folgerichtig den daraus resultierenden Elfmeter für die Falken nicht gab) hatte er die Fans beider Seiten gegen sich. Überhaupt war das Spiel von der Stimmung her für ihn von der Kategorie „erschwerte Arbeitsbedingungen“.
Die gute Nachricht ist, dass die Partie trotz bedenklicher Zusammenrottung nach Abpfiff unblutig verlief.